Solarmodul statt Blumentopf

Balkonsolar
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Der Freiburger Energieversorger Badenova sieht sich als Vorreiter beim Thema Balkon-Solar

Energiewende statt Blütenträume, ein Trend greift um sich: „Wir bekommen sogar Anfragen von anderen Stadtwerken zu unserem vereinfachten Meldeformular und können sagen, dass wir eine gewisse Vorreiterrolle bei dem Thema haben“, sagt Yvonne Schweickhardt, die Pressesprecherin des regionalen Energieversorgers Badenova mit Sitz in Freiburg. Und: „Uns liegen aktuell 182 Anmeldungen vor, und wir stellen ein deutlich erhöhtes Interesse an den Anlagen fest.“ Die Rede ist von einem neuen Trendthema, das angesichts steigender Energiepreise derzeit sehr gefragt ist: immer mehr Menschen wollen mit einer Solaranlage auf dem Balkon einen Teil ihres eigenen Strombedarfs selbst decken. Schon 2019 hat die Badenova im Rahmen ihres Innovationsfonds, mit dem potenziell zukunftsweisende Ideen für den Klimaschutz gefördert werden, mit einer kleinen Zahl von „Energiepionieren“ angefangen, solche Mini-Kraftwerke zu testen.

Je nach Größe und Art des Moduls und je nach Verbrauch im Haushalt soll so eine Mini-Anlage bis zu 20 Prozent des Strombedarfs decken können, sagen die Befürworter. Aber man muss Glück haben, so Schweickhardt, denn nicht nur die Module sind derzeit sehr gefragt und somit rar am Markt. Auch die passenden Handwerker für den im Grunde kinderleichten Anschluss ans Netz sind nicht an jeder Ecke zu bekommen. „Wir haben mittlerweile von mehreren Kunden die Rückmeldung erhalten, dass es nicht immer einfach ist, einen Installateur für solch einen „Kleinauftrag“ zu bekommen.“ Für den interessierten Nutzer einer solchen Anlage, der die Energiewende beispielsweise in seiner Mietwohnung vorantreiben wolle, sei dies natürlich keine befriedigende Situation, so die Firmensprecherin. Und das, obwohl in Freiburg die Installationskosten von rund 200 Euro seit 2019 sogar von der Stadt übernommen werden. Auch der Ende 2021 gegründete Freiburger Verein „Balkon.Solar“ unterstützt Interessenten mit seinen Erfahrungen bei Bau und Inbetriebnahme solcher Mini-Kraftwerke.

Wer Strom ernten will statt Geranien zu ziehen, sollte dies allerdings anmelden, sogenannte „Guerilla PV“ birgt Risiken, die kein Vermieter übernehmen will und kann, wenn zum Beispiel ein Balkonmodul nicht sachgemäß befestigt oder angeschlossen worden ist. Badenova hat aus den Erfahrungen des Projekts mit den „Energiepionieren“ vor drei Jahren gelernt und mittlerweile eine rechtskonforme, vereinfachte Anmeldung beim hauseigenen Netzbetreiber bnNETZE entwickelt, die Mieter ausfüllen können, wenn sie Stromproduzenten werden und auf die auch die eingangs erwähnten Mitbewerber des Unternehmens mittlerweile aufmerksam geworden sind.

Funktionieren tut die Sache sehr einfach: Der aus der Sonne gewonnene Gleichstrom vom Balkon fließt in einen Wechselrichter und von dort als Wechselstrom über die Steckdose ins Netz. „Balkon.Solar“ rät dabei auch zum „Mut zum Selbstbau“ und fordert weniger Hürden für die „Guerilla PV“, bei der jeder seinen Solarstrom „anbauen“ kann, wie er mag. Allerdings gehen auch die Solar-Rebellen bei „Balkon.Solar“ davon aus, dass es mehrere Jahre dauert, bis eine solche Anlage die Kauf- und Einbaukosten wieder einspielt.

Dass Solarmodule auf dem Balkon derzeit die allein entscheidende Rolle bei der Energiewende spielen, darf also bezweifelt werden: „Wie viel Anteil am Strombedarf eines Haushalts so eine Anlage haben kann, lässt sich pauschal nicht sagen“, bestätigt auch Yvonne Schweickhardt. „Es kommt auf den Stromverbrauch an, aber auch darauf, dass das Modul am Balkon nicht verschattet angebracht wird.“ In der Fläche könne das Thema perspektivisch hingegen schon eine Rolle spielen.

Zu Beginn des „Energiepioniere“ Projekts hatte die Badenova ausgerechnet, dass eine Balkon-Anlage in etwa 100 Kilo CO2 einspart. So viel wie ein PKW ausstößt, wenn er 700 km weit fährt. Für einen großen Öko-Effekt werden also viele Solar-Balkone benötigt. „Aber es gibt eben auch die Lieferengpässe derzeit“, so Schweickhardt. Spätestens seit dem russischen Überfall auf die Ukraine, der die Preisspirale beim Thema Energie unaufhaltsam anheizt, ist die Nachfrage nach den Balkonmodulen nämlich extrem stark angewachsen.

Ralf Deckert

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