SWR-Serie „Höllgrund“ widmet sich dem Serien-Thema Landarzt von einer düsteren Seite
Finster steht der Wald und schwarz. Und keiner kann sagen, wer als nächstes sterben wird. Am 16. September startete der achtteilige SWR-Thriller „Höllgrund“, der das Kitsch-Thema der Landarzt-Serie einmal von einer ganz anderen Seite beleuchtet: Dorfpolizistin Tanja (Lou Sprenger) muss gegen viele Widerstände eine Reihe mysteriöser Todesfälle im fiktiven, abgeschiedenen Ort Höllgrund aufdecken. Man müsse den Dingen auf den Grund gehen, findet sie. Man darf die bösen Geister der Vergangenheit nicht wecken, denken andere im Ort. Bald muss Tanja dann auch noch feststellen, dass der attraktive Landarzt Fabian (August Wittgenstein), der im Ort ja eigentlich nur „ein bisschen Frieden finden“ will, tiefer in die Sache verstrickt ist, als ihr gefällt und dass auch der Tod von Fabians Vorgänger Hajo (Heiner Lauterbach) nur auf den ersten Blick nach einer klaren Sache ausschaut.
Spätestens am Ende der ersten Folge der Serie sei jedem klar: in Höllgrund tun sich Abgründe auf, so Autor Marc O. Seng, der sich beim Schreiben der Serie auch ein wenig an humorig-düsteren US-Klassikern wie „Fargo“ orientiert hat. Inspiriert habe ihn eine Beobachtung im Zusammenhang mit einem Todesfall in seinem eigenen Umfeld, so der Autor: „Der Landarzt stellt in dünn besiedelten Gegenden fast immer den Totenschein aus, wenn jemand stirbt“, so Seng. „Er entscheidet also, ob ein Todesfall natürlich ist oder nicht.“ Das habe in ihm „gegärt“ und schließlich die Idee wach werden lassen, dass Landärzte für einen Krimistoff im Grunde perfekte Mörder abgeben können. „Höllgrund“ ist also eine Parodie auf den perfekten Landarzt, den man sonst so aus dem Fernsehen kennt, so Seng weiter: „Ich wollte mit einem Klischee brechen und die Zuschauer auf eine überraschende Reise mitnehmen.“
Heiner Lauterbach, der in Höllgrund schon einen frühen Serientod erleidet und der dann quasi aus dem Jenseits weiterspielen muss, biss schnell an, als man ihm die Rolle des erfahrenen Arztes Hajo anbot: „Man hat mir oft schon Drehbücher geschickt, die „Fargo“ als Referenz nannten, und hier war ich froh, dass der Vergleich auch passte!“ Zur Erinnerung: im US-Kultfilm „Fargo“ der Brüder Coen aus den Neunzigern treffen schwarzer Humor, eindrückliche Landschaften und jede Menge Mordopfer so gekonnt aufeinander, dass der Stoff zwei Jahrzehnte später nochmals als TV-Serie erfolgreich weitergesponnen wurde.
„Wir wollten so eine Art Western-Stimmung für die Serie haben“, berichtet Produzent Lasse Scharpen. „Wir sind deshalb tagelang durch den Schwarzwald gefahren, haben alles fotografiert und haben uns genau überlegt, wo man nachher welche Leiche finden und wo man jemanden von hinten überfallen und meucheln kann!“ Dieses „Eintauchen“ in die Region habe sich gelohnt, so Scharpen. Das bestätigt auch Hauptdarstellerin Lou Strenger: Vom Schnee über den Sturm bis zum strahlenden Sonnenschein habe man bei den zwei Monate langen Dreharbeiten im Herbst in den abgeschiedenen Höhenlagen des Schwarzwalds eine menge Atmosphäre mitbekommen. „Das schlägt automatisch und ganz schnell aufs Gemüt, die Natur macht etwas mit einem.“ Nicht einmal Handy-Empfang habe man bei der Arbeit gehabt. Davon habe das ganze Ensemble der Serie sehr profitiert, ergänzt August Wittgenstein.
So geschlossen wie „Höllgrund“ künstlerisch konzipiert und erarbeitet worden ist, will die Serie auch auf ihre Zuschauer wirken: eine abgerundete, abgründige Geschichte, die sich auf ihre Figuren konzentriert. „Außer dem neuen, jungen Landarzt kommt niemand in dieses Dorf und niemand verlässt es. Es ist ein Dorf außerhalb der Zeit. Wir wollten so ein Gefühl der Eingeschlossenheit schaffen“, so Marc O. Seng. Was mit idyllischen Bildern beginne, entwickle schnell eine finstere Sogwirkung. Ein Thriller, der kein Krimi sein will, sich dafür aber durchaus beim „magischen Realismus“ bedient und komödiantisches Potenzial aufweist, wie Lasse Scharpen es umfasst. Keine TV-Einheitskost also, dafür aber eine Serie, die durchaus auch auf internationale Erfolge und Märkte schielt und eigentlich so gut gemacht ist, dass sie ins Hauptprogramm der ARD gehört, wie Heiner Lauterbach betont. (RD)
INFO: Höllgrund steht seit dem 16. September in der ARD-Mediathek als Streaming-Angebot bereit.