Museum für Neue Kunst in Freiburg hat Rodin-Statue „Der Kuss“ geschenkt bekommen
Kaum ein anderes Kunstwerk dürfte die Themen Liebe und Leidenschaft zwischen Mann und Frau in einer ähnlich unmittelbaren, direkten und berührenden Weise darstellen, wie „Der Kuss“ des französischen Bildhauers Auguste Rodin (1840 – 1917). Die 1880 als Teil des Konzepts des „Höllentors“ basierend auf der „Göttlichen Komödie“ Dante Alighieris (1265 – 1321) geschaffene, 85 cm große Bronze wurde bis heute zigfach nachgegossen, was nicht zuletzt auch für die außerordentliche Bekanntheit des Künstlers gesorgt hat.
Ein solcher Guss steht nun auch im Museum für neue Kunst in Freiburg. Die Besonderheit daran: Es ist nicht irgendeine nachträglich gefertigte Version von Rodins Meisterwerk. Eine Untersuchung durch Experten des Comité Rodin in Paris hat bestätigt, dass der Guss aus der renommierten Gießerei Barbedienne in Paris, der nun in Freiburg gelandet ist, von Rodin zu Lebzeiten beauftragt und beaufsichtigt wurde. Dadurch kommt der Freiburger Guss jetzt nicht nur in den Rodin-Werkkatalog, den das Comité derzeit erstellt. Er ist, entstanden um die Jahrhundertwende vom 19. Zum 20. Jahrhundert, auch eine rare Besonderheit von besonderer Qualität. Was sich auch im Wert von mindestens 1,5 Millionen Euro gegenüber 200.000 bis 250.000 Euro bei späteren Abgüssen niederschlägt. „Ein großes Glück“ und sicher auch ein Publikumsmagnet sei das Kunstwerk, das seit Oktober gut gesichert gegen Diebstahl im Museum aufgebaut ist, so Museumsdirektorin Christine Litz.
Der Gesamtetat für alle Freiburger Museen für Ankäufe liegt bei 100.00 Euro im Jahr. Der Rodin, bei dem es sich um eine 75 cm große sogenannte „Erste Verkleinerung“ („1ère reduction“) des Originals handelt, wäre also nicht einfach so drin gewesen im Budget des Hauses, räumt Christine Litz ein. Dass die Skulptur nun trotzdem da ist, hat das Museum dem in Freiburg lebenden, 1935 geborenen Physiker Manfred Höfert zu verdanken, der den Rodin von seinem Vater geerbt hat, welcher wiederum 1957 in den Besitz des Werks gekommen war. Höfert sei schon vor der Corona-Pandemie mit der Idee an sie herangetreten, dem Museum die Skulptur zu schenken, damit sie nicht mehr nur daheim bei ihm im Wohnzimmer steht. Durch die Pandemie und die Überprüfung in Paris habe sich der Schenkungsprozess dann aber ein wenig verzögert, berichtet Christine Litz. Und auch als klar gewesen sei, dass der Freiburger Rodin ein besonders wertvoller Abguss des Werks sei, habe Manfred Höfert sich nicht von der Schenkung abbringen lassen.
„Rodin war im Paris des ausgehenden 19. Jahrhunderts die zentrale Figur in der Bildhauerei“, ordnet Christine Litz die kunsthistorische Bedeutung der Schenkung Höferts ein. „Er brachte eine vollkommene Unmittelbarkeit in die Kunst ein: Man schaut das an und weiß sofort, um was es geht.“ Bis heute spreche der idealisierende, nicht-abstrakte Naturalismus in Rodins Werk viele Menschen an. „Damit war Rodin auch für lange Zeit die Autorität in der Bildhauerei“, so Litz. Für das Museum für Neue Kunst mit seinem Schwerpunkt auf der Kunst des 20. Jahrhunderts und der Gegenwart ist die Skulptur auch so etwas wie ein neuer Ausgangspunkt in der Sammlung. „Der Kuss“ ist eine Darstellung des Kapitels des Ehebruchs der Francesca da Rimini aus Dante Alighieris „Göttlicher Komödie“, die ihren Mann mit dessen Bruder Paolo Malatesta betrügt und mit dem Leben für den Fehltritt zahlt. (RD)