Geometrisch oder intuitiv?

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Bild: François Morellet, 28 superpositions de 6 trames de points en trichromie, 1976 © VG Bild-Kunst, Bonn 2023, Foto: Gerhard Sauer


Neue Ausstellungen im Museum Ritter laufen vom 14. Mai bis zum 17. September 2023

In bewährter Tradition zeigt das Museum Ritter parallel zu einer Präsentation mit Werken aus der Sammlung Marli Hoppe-Ritter eine Einzelausstellung zu einem herausragenden Künstler der Sammlung. Während die Soloschau im Parterre den Stuttgarter Bildhauer Camill Leberer vorstellt, richten verschiedene künstlerische Positionen im Obergeschoss den Blick auf die Farbe in der konkreten Kunst. Hier wie da greifen geometrische Strenge und freie, atmosphärische Gestaltung ineinander.

CAMILL LEBERER.
AUS DEM ECHORAUM

Camill Leberer ist ein Grenzgänger, dessen bildhauerisches Schaffen an Malerei erinnert und doch stets das Ergebnis eines intensiven Nachdenkens über Licht und Raum ist. Sein Werk baut auf konstruktiv-geometrischen Gestaltungsweisen auf und steht dahingehend in der Nachfolge der konkreten Kunst und Minimal Art. Eine vom Grundsatz her planvolle, systematische Vorgehensweise verbindet der Künstler mit expressiven, farbmalerischen und lichtreflektierenden Mitteln. Seine Skulpturen, Bilder und Installationen, die er aus Metall, Farbe, Glas und auch Leuchtröhren kreiert, weisen gegensätzliche Merkmale auf: Präzise geometrische Formen treffen darin auf emotionale Linien und händische Schraffuren oder Schliffe auf perfekte, glatte Farbflächen.

Über das Wechselspiel von Materialien, Farben und Formen richtet sich seine Kunst an das Schauen im Sinne einer prozesshaften Handlung: Das Publikum wird dazu angeregt, sich vor den Arbeiten zu bewegen und Raum in allen Dimensionen zu erleben, ja, es wird vom Künstler dazu eingeladen, einen „imaginären Handlungsraum“ zu betreten.

Camill Leberer ist seit Jahren mit einer Vielzahl von Werken in der Sammlung Marli Hoppe-Ritter vertreten. Die Ausstellung, die im engen Austausch mit dem Künstler entstand, macht vor allem den geometrischen Ansatz seines Schaffens deutlich: Ein kubisches „Gehäuse“ aus Glas, die wiederholte Referenz auf das Quadrat und den rechten Winkel in den Metallbildern und nicht zuletzt eine serielle Präsentation von Sandpapieren sind beispielhaft hierfür.

Ergänzt wird die Schau durch eine Auswahl an Zeichnungen, Fotografien und Gedichten, die einen erweiterten Einblick in den Ideenkosmos von Camill Leberer geben.

COLOURS IN A SQUARE.
WERKE AUS DER SAMMLUNG MARLI HOPPE-RITTER

Die Ausstellung richtet den Blick auf das Thema Farbe und das Zusammenspiel von (bunten) Farben und elementaren Formen. Zu sehen sind rund 60 konstruktive Arbeiten von Mitte der 1960er-Jahre bis heute. Sie stammen von über 35 Kunstschaffenden aus 10 europäischen Ländern. Die Spannbreite reicht von Malereien der Zürcher Konkreten über systematische Kompositionen der ihnen nachfolgenden Künstlergenerationen bis hin zu zeitgenössischen Bildern, Reliefs und Skulpturen in unterschiedlichen Materialien.

Farbe ist eines der wichtigsten künstlerischen Ausdrucksmittel. Wie die Werke dieser Sammlungspräsentation zeigen, trifft dies in besonderem Maße auf die geometrische Kunst zu, in der die Farbe in der Regel ganz für sich selbst steht. Aber folgt das Farbkonzept konstruktiv-konkreter Arbeiten grundsätzlich einer eigenen Logik, wie es bei dieser Art von Kunst zu erwarten ist? Oder gibt es auf dem weiten Feld der Geometrischen Abstraktion auch spontane, intuitive Farbsetzungen?
Die Ausstellung veranschaulicht, dass beides möglich ist. So sind neben Werken, bei denen Farben und Formen rational zusammenwirken, auch solche zu sehen, die die strengen Ideale konkreter Ordnungsregeln spielerisch aufbrechen und orthogonal angelegte Strukturen mit eigenwilligen Farbexperimenten verbinden. Einige Gemälde beeindrucken vor allem durch starke Farbkontraste, die die Bildoberfläche optisch in Schwingung versetzen. Wieder andere sind radikal monochrom, ohne dabei monoton zu sein. Und nicht zuletzt finden sich unter den Exponaten auch Arbeiten aus farbigem Glas oder Acrylglas, die erst im Licht ihre volle Strahlkraft entfalten.

Mehr Informationen unter:
Museum Ritter
Sammlung Marli Hoppe-Ritter
Alfred-Ritter-Straße 27
71111 Waldenbuch
Dienstag bis Sonntag
Feiertage 11–18 Uhr
www.museum-ritter.de

Camill Leberer, Auflage, 2022/23, © VG Bild-Kunst, Bonn 2023, Foto: Frank Kleinbach

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