Das Auswandererhaus in Bremerhaven vermittelt Lehrreiches mit Event-Charakteristik
Wenn in Deutschland von Migration gesprochen wird, dann ist damit zumeist das Reizthema Zuwanderung gemeint, mit dem sich weite Teile von Politik und Bevölkerung mal mehr, mal weniger schwer tun. Gedenktage wie der vor 22 Jahren für den 18. Dezember von der UNO eingeführte „Internationale Tag der Migranten“ wollen helfen, das Bewusstsein für die Schicksale von Migranten zu schärfen. Nicht nur in Deutschland, wo viele immer wieder vergessen: Deutschland ist selbst ein Land, aus dem in der Vergangenheit Millionen Menschen migriert sind. Alleine über fünf Millionen, die im 19. Jahrhundert in die USA auswanderten, weil sie sich dort ein besseres Leben erhofften. Das Auswandererhaus in Bremerhaven nimmt sich nicht nur dieses Kapitels der deutsche Geschichte an.
Das 2005 eröffnete und 2021 um den Bereich Migrationsgeschichte erweiterte Haus gehört mit jährlich rund 180.000 Besuchern zu den meistbesuchten Museen Deutschlands und blickt in seiner Dauerausstellung auf die Geschichte und Geschichten deutscher Auswanderer bis ins 17. Jahrhundert zurück. Nicht trocken und akademisch, sondern mit einem Erlebnischarakter, der fast an einen Besuch im Freizeitpark heranreicht: Betritt man die Ausstellungsräume, wird man zunächst von einem riesigen, nachgebauten Hafen-Panorama überrascht. Lebensecht gestaltete Figuren stehen und sitzen am Kai und warten auf die Abfahrt in eine ungewisse Zukunft. Über Kopfhörer kann man beim Besuch die Lebensgeschichten von Auswanderern nachverfolgen und ihre Gründe verstehen lernen, warum sie das Land verlassen haben oder verlassen mussten. Die Besucher verfolgen die Auswanderung vom Hafen über die unbequeme Schifffahrt in der 3. Klasse bis beispielsweise hin zur Ankunft in New York.
Zum interaktiven Charakter, den das Museum anstrebt, gehört auch, dass jeder Besucher die Möglichkeit hat, ganz individuell das Schicksal eines Auswanderers aus der Zeit der letzten rund 330 Jahre nachzuverfolgen. Nicht jeder, der das Land verlassen hat, hat in der Fremde sein Glück gemacht. Mancher aber kam auch zu Ruhm und Ansehen. Vielleicht sogar ein eigener Vorfahr, denn das Museum bietet auch die Chance, in verschiedenen Datenbanken nach möglichen Auswanderern in der eigenen Familienhistorie zu forschen. Und natürlich ergänzen Sonderausstellungen den Rundgang, derzeit wird beispielsweise die Geschichte kubanischer Zuwanderer in der ehemaligen DDR beleichtet. Das Sonderthema „…bisschen anders, aber genauso“ bietet noch bis Ende Februar 2023 einen neuen oder bisher wenig beachteten Blick auf die Zeit vor der Wende in der DDR und den Alltag der Menschen „im Osten“ vor 1989.
Zu den großen Fans des Museums gehörte in den vergangenen Jahren beispielsweise Altkanzlerin Angela Merkel (CDU), die bei einem Besuch betonte, dass das Museum immer den Blick auf den einzelnen Menschen und nicht auf irgendwelche Nationen oder Bevölkerungsgruppen lenke, die ein Land entweder verlassen oder es beispielsweise als Ziel einer Flucht vor Verfolgung aufsuchen. Denn neben der Geschichte der Auswanderung aus Deutschland blickt das Auswandererhaus natürlich auch auf Themen wie Zuwanderung und Asyl und geht beispielsweise der Frage nach, was für ein Leben Eingewanderte sich bei uns aufbauen oder aufbauen können. In „Digitalen Denkräumen“ werden die Gäste zudem herausgefordert, sich mit ihren eigenen Sichtweisen und möglichen Vorurteilen zu befassen. Für das Konzept „Global Citizens – Wir sind viele“, das sich mit dem Thema Zuwanderung befasst und auch den unternationalen Austausch anregen will, wurde das Museum im Frühjahr 2022 gar mit dem Publikumspreis beim Deutschen Preis für kulturelle Bildung ausgezeichnet. (RD)
INFO
Das Deutsche Auswandererhaus in
Bremerhaven ist in den Wintermonaten
täglich von 10 – 17 Uhr geöffnet
(DO: Bis 21 Uhr).
Tickets können vorab auf der Seite
www.dah-bremerhaven.de gebucht werden.